Es ist Dienstag – der Tag der Gallenuntersuchung.
Vor sechs Monaten wurde im Krankenhaus bei mir ein Polyp in der Galle entdeckt, 3,4 mm groß. Erstmal nichts Dramatisches, aber: Muss beobachtet werden. Also hab ich rechtzeitig einen Termin beim Hausarzt gemacht, um das Ganze abklären zu lassen. Ich hatte noch einen Joker: Falls nötig, hätte ich auch wieder einen Termin im Krankenhaus bekommen – ich brauchte dafür nur eine Einweisung vom Hausarzt.
Die Option mit dem Krankenhaus war mir lieber. Dort wurde der Polyp schließlich auch gefunden – zwei Tage, nachdem mein Hausarzt per Ultraschall nichts gesehen hatte. Vertrauen? Na ja… schwer.
Ich war pünktlich um kurz vor neun da. Auf dem Zettel: Rückenschmerzen, Hämorrhoiden, mögliche Unverträglichkeiten (vor vier Jahren sollte ich mal auf Histaminintoleranz getestet werden… hab’s nie gemacht), neues Pipamperon und eben das Thema Galle.
Und dann kam der Knall.
Mir wurde von „oben“ – also vom Chef meiner Ärztin – ein Vermerk ins System gesetzt:
„Keine Gallenuntersuchung nötig – reine Hypochondrie.“
Begründung? Bei einem MRT vom Darm im November sei nichts auffälliges gewesen.
(Dieses MRT wurde vom Krankenhaus veranlasst, nicht aus einer Laune heraus.)
Zack. Stempel auf der Stirn: Angstpatient. Hypochonder.
Ich hab ruhig gesagt, dass ich die Untersuchung gar nicht bei ihnen machen will – ich brauche nur die Einweisung fürs Krankenhaus.
Antwort: Nein. Gibt’s nicht. Anweisung von oben.
Ich hab ehrlich gesagt, dass ich mich absolut nicht ernst genommen fühle.
Das schien die Ärztin getroffen zu haben – aber ganz ehrlich? Ich habe das Gefühl. Und ich darf das auch sagen. Ihre Antwort: Ich solle doch zum Chef gehen und das direkt klären.
Klar, mach ich. Ich weiß ja auch, wie „einfach“ das ist, da spontan einen Termin zu bekommen…
Aber gut, ich hab weitergemacht – zumindest wollte ich noch das neue Pipamperon-Rezept. Über die Feiertage will ich was da haben. Ich hoffe, ich brauch’s nicht. Aber wenn doch, weiß ich: Das hilft beim Einschlafen.
Zum Thema Histaminunverträglichkeit kam nur: „Dann essen Sie halt nicht, was Ihnen nicht guttut.“
Danke für nichts.
Die anderen Themen? Hab ich nicht mehr angesprochen.
Blut im Toilettenpapier? Rückenschmerzen?
Bilde ich mir halt ein. Hypochonder. F* you.**
Was mir aufgefallen ist:
Ich bin ins Kritikgespräch gegangen.
Ich hab nicht geschwiegen. Ich hab mich nicht entschuldigt für mein Gefühl. Ich war nicht gemein oder ausfallend – ich war klar. Ich hab gesagt, dass ich mich nicht ernst genommen fühle.
Vor sechs Monaten hätte mein Körper mit Panik reagiert. Aber diesmal? Nichts.
Ich war genervt. Frustriert.
(Ist das überhaupt ein richtiges Gefühl?)
Ich konnte es nicht ganz greifen – aber es war nicht Angst.
Ich bin dann wirklich eine Etage nach oben und hab den Chef auf dem Flur abgefangen. Hab nochmal ruhig erklärt, dass das Krankenhaus die Kontrolle angeordnet hat. Ich will doch einfach nur wissen: Ist das Ding größer geworden oder nicht?
Und siehe da: Ich hab die Einweisung bekommen.
Fazit
Auf dem Heimweg kam dann doch wieder dieses typische Gefühl hoch – ich dachte erst: Angst. Aber Moment. Nein. Es war Wut. Oder Frustration.
Ich habe das jahrelang verwechselt. Immer alles gleich Angst genannt.
Und daraus ist dann die Angst vor der Angst entstanden.
Also: Check. Wieder was gelernt.
Einfach mal hinhören, was da wirklich ist.
Ach so, und der Termin in Lennestadt?
Polyp ist da. Aber er ist nicht größer geworden. Kontrolle in einem Jahr. Punkt.
Soviel zum Thema Hypochonder.
Vielleicht sollte sich der Chef vorher einfach mal die Geschichte seiner Patient*innen anhören – anstatt pauschal eine Verweigerung ins System zu setzen.
Und vielleicht sollte man in dieser Praxis auch lernen, mit einer diagnostizierten Angststörung anders umzugehen.
Vertrauen schaffen. Sicherheit geben.
Aber dieser Zug? Der ist, glaub ich, schon vor vielen Monaten abgefahren.